Berufsfeld Diplomatie und Institutionen der Europäischen Union - WiSe 2023/2024
Das Praxisseminar soll das Verständnis von internationalen Entscheidungsprozessen vertiefen. Es gibt einen Einblick in das Berufsfeld
der Diplomatie, wobei der Schwerpunkt im Bereich der Arbeitsweise der
Institutionen der Europäischen Union liegt. Die Studierenden werden
dabei mit der Struktur der Dienste, den Arbeitstechniken und
Entscheidungsprozessen vertraut gemacht. Dabei wird besonders die
Schnittstelle zwischen mündlicher und schriftlicher Kommunikation sowie
der politischen Sprache und der Rechtsprache in eigener Anwendung
vertieft (Reden, Sprechzettel, Instruktionen und Sitzungsberichte).
Dabei ist zu beachten, dass politische Mandatsträger das Volk
repräsentieren und keine Sachverständigen für Fachprobleme sind. Ein
zentrales Lernziel wird auch das Verständnis über die Einbindung von
Diplomaten und Vertretern zu internationalen Organisationen
(einschließlich Ministerebene) in die allgemeinen politischen
Entscheidungsprozesse des Landes sein, dessen Interessen sie vertreten.
Zur Veranschaulichung der Lerninhalte werden verschiedene Simulationen
durchgeführt (je nach Teilnehmerzahl: Parlamentarische Anfrage,
Demarche, bilaterales Gespräch und EU Ministerratsarbeitsgruppe). Auf
Aspekte der Sprechfähigkeit in Englisch und ggf. Französisch wird
ebenfalls eingegangen. Das Seminar findet unregelmäßig am Donnerstag von
16:00 bis 20:00 statt - entweder im Präsenzmodus oder virtuell (Moodle
ppp).
- Opettaja: Trautmann Ulrich
Cultural Speed Dating Frankfurt (Oder) - Slubice - WiSe 2023
Dozenten/-innen: Constance KrügerFrankfurt (Oder) - Słubice ist eine Kulturdoppelstadt. Neben den großen Kultureinrichtungen prägt eine lebendige soziokulturelle Szene das Leben. Das Seminar setzt sich zum Ziel, Studierende der Viadrina mit den unterschiedlichen Akteur*innen der Doppelstadt ins Gespräch zu bringen. Aufgebaut als Speed-Dating werden wir einzelne Einrichtungen und Akteur*innen kurz besuchen. In direktem Anschluss werden einzelne Studierende kurze, auf die jeweilige Situation eingehende Interviewfilme mit dem Smartphone erstellen. Im Vordergrund steht dabei das situative Einfangen einer spezifischen Atmosphäre. Die entstandenen Kurzfilme ergeben in ihrer Zusammenschau eine Art Kulturatlas, der die studentische Sicht auf die Kultur der Doppelstadt zeigt und das als Analysematerial für den zweiten Teil des Seminars zur Verfügung stehen wird. Unter anderem werden wir diskutieren, wie das Filmmaterial weiterverwendet werden könnte, bspw. auf einer eigenen Webseite.
- Opettaja: Krueger Constance
"Wir verteidigen nicht die Natur, wir sind die Natur, die sich verteidigt." - Bruno Latours terrestrisches Manifest. - WiSe 2023
Es wird wärmer. Die Klimaveränderung ist da. Es brennt und wir wissen nicht, wie es weitergehen wird? Eigentlich ist allen klar: so kann es nicht weitergehen! Müssen wir unsere Lebensform neu denken? Vielleicht reicht es nicht, ein anderes Handeln zu fordern, vielleicht müssen wir tiefer ansetzen. Bruno Latour plädiert in seinem „terrestrischen Manifest“ für ein neues Verhältnis zu Natur: nur wenn wir wieder lernen, uns als Teil der Natur zu erfahren, werden wir die Natur auch anders behandeln, d. h. ein Leben führen, das eine Entschleunigung der Veränderung des Klimas zu Folge hat. Vieles spricht für Latours Vorschlag, aber es gibt einen gewichtigen Einwand: Es ist schon so spät, dass schnelles Handeln erforderlich ist! Andreas Malm sieht daher in einer Art Ökoleninismus, die einzige Alternative.
Wir wollen uns Seminar die grundlegenden Positionen der gegenwärtigen Debatte erarbeiten uns u. a. auch mit der Frage beschäftigen, was wir gewinnen, wenn wir uns entweder im Anthropozän oder im Kapitalozän etc. verorten und uns auch mit aktuellen Protestformen („Last Generation“) beschäftigen (Sloterdijk: „Firefighters aller Länder, dämmt die Brände ein“).
Literatur: Bruno Latour: Das terrestrische Manifest, Berlin 2018.
Andreas Malm: Der Fortschritt dieses Sturms. Natur und Gesellschaft in einer sich erwärmenden Welt, Berlin 2021. Peter Sloterdijk: Die Reue des Prometheus. Von der Gabe des Feuers zur globalen Brandstiftung, Berlin 2023.
- Opettaja: Schlossberger Matthias
"so klug zu schreiben, daß die derzeit Mächtigen nicht gleich unseren Widerstand sehen" – Jüdische Literatur und Philosophie im NS-Deutschland - WiSe 2023
„Für uns Schriftsteller“, so formulierte es der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber 1934 im Haus des Berliner Verlegers Lambert Schneider, „kommt es darauf an, so klug zu schreiben, daß die derzeit Mächtigen nicht gleich unseren Widerstand sehen […], so klug zu schreiben, daß uns viele Menschen gelesen haben, ehe man uns zur Verantwortung ziehen kann.“ Angesichts staatlicher Rassen- und Zensurpolitik entwickelten Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft im nationalsozialistischen Deutschland subversive Schreibpraktiken, um ihren Widerspruch gegen das antisemitische und rassistische Regime zu formulieren. Durch die NS-Kulturpolitik aus dem allgemeinen deutschen Kulturbetrieb ausgeschlossen und auf einen zunehmend ghettoisierten jüdischen Kulturkreis verwiesen, suchten sie nach Ausdrucksformen, mit denen sie verdeckt, vermittelt und zum Teil auch offen auf die Entrechtung, Verfolgung und Ermordung großer Teile des europäischen Judentums reagieren konnten. Dabei reichten die sprachlichen Handlungen, als deren Ausdruck die sprachlichen Äußerungen von Leo Baeck, Martin Buber, Peter Edel, Herbert Friedenthal, Leo Hirsch, Gertrud Kolmar, Frieda Mehler, Meta Samson, Berta Waterstradt u.v.a. zu verstehen sind, von signalhaften Anspielungen über verkleidete Literatur bis hin zu offen widerständigen Texten. Da das, was sag- und schreibbar war, von den aktuellen Zielen der NS-Politik abhängig war und sich mit dieser vom einen auf den anderen Tag ändern konnte, werden wir uns immer auch die politischen und kulturpolitischen Rahmenbedingungen der literarischen, (religions-)philosophischen und intellektuellen Aktivitäten des jeweiligen Autors vergegenwärtigen, um zu diskutieren, ob sich im Text eine subversive oder eine widerständige Handlung vermitteln, ob die Sprachhandlung als Widerspruch, geistiger oder politischer Widerstand zu verstehen ist.
- Opettaja: Krueger Doris Maja
(De)Standardizing Language through Media - WiSe 2023
How did the emergence of print and press media shape and influence languages at the dawn of the 20th century and how does the influence of today's social media differ? Those are the key questions the seminar will deal with. In order to find answers, we will have a closer look both on processes of standardization and destandardization of language varieties worldwide. To understand the intertwining relationship of language and media, the theory of standard language ideologies as well as theories of mediatization will be essential. We will mainly read studies on different language varietes that show the changing role of written, verbal, spoken and computer-mediated communication in the shaping of linguistic norms over time and place.
- Opettaja: Kastner-Baumgaertner Edgar
Avantgarden (mit einem Schwerpunkt auf der ukrainischen und jiddischen Avantgarde) - WiSe 2023
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es europaweit einen künstlerischen Aufbruch, für den sich mit ‚Avantgarde’ ein Begriff etabliert hat, der ursprünglich aus dem Militärischen stammt und in charakteristischen Selbstzuschreibungen wie „Sprengung der Normen“, „Zerstörung der Tradition“ oder „Brechung des Tabus“ zum Ausdruck kommt. Das Seminar vermittelt „Theorien der Avantgarde“ und einen literaturhistorischen Überblick über die europäischen Avantgarden: Futurismus in Italien, Ukraine, Russland und Polen, jiddische Avantgarden, Expressionismus und Dadaismus in Deutschland und der Schweiz bzw. französischer Surrealismus. In Mittel- und Osteuropa hatten die Avantgardepraktiken eine bleibende gesellschaftliche Bedeutung. Sie stehen deswegen im Mittelpunkt des Seminars. Schwerpunkte des Seminars ist weiterhin ein kulturwissenschaftlicher Blick auf die avantgardistische Manifestkultur, die Vernetzung von Akteuren und Bewegungen, die Bedeutung von Avantgardistinnen oder die Politisierung von Kunst und innovative Protestformen.
- Dozentin: Werberger Annette
Beliefs and Values in Society. An Intercultural Approach - WiSe 2023
The aim of the course is to examine the significance of beliefs and values in society from the intercultural perspective. First, belief and value condition regularity but belong to different realms in a sense that the former being mental identifies the latter being abstract. Second, what is called culture is defined by an appeal to either the former or the latter where both have a social aspect for they are possibly shared by various actors. Third, such an actor performs various actions (be an evidence to the audience) of which many are cultural. Fourth, the intercultural implies a potential discrepancy of beliefs/values held by particular social actors who enter into the self-other relation. An intercultural approach to beliefs/values raises a question of how to relate various sets of beliefs/values one to another when the self-other relation is at stake. A student should be able to distinguish beliefs from values and notice a specific relation between the two. The student who plays either the role of the self or the other is expected to associate the actions of their counterpart with appropriate values identified by appropriate beliefs. It is also the student who should be able to identify not only the cultural nature of actions but also their social context. (S)he should therefore distinguish between what is regular (cultural) and what is shared (social), and therefore evaluate if the regular (culture) can be (socially) shared. The course is to make the student familiar with these issues which are crucial to understand the social dimension of the beliefs and values as interculturally approached.
- Opettaja: Zaporowski Andrzej
Cultures of Migration - WiSe 2023
This seminar focuses on cultural and artistic practices, forms, and mediums that emerge through various migration experiences. By avoiding the confined idea of “migrant” cultures, it explores how unbounded, complex, fluid, and plural cultural spheres that are created through diverse forms of mobility shape and reshape contemporary societies. In this seminar, we will discuss artistic, intellectual and more everyday forms of expression and creativity across diverse mediums such as art, film, music, performance, digital media, photography and everyday aesthetics. In doing so, we will critically address a range of concepts and debates that are significant to the study of migration, diaspora and exile including belonging, transnationalism, translocality, cosmopolitanism, multiculturalism, diversity, and postmigrant society as well as the key concepts of culture, place, identity, and mobility.
- Opettaja: Savas Ozlem
Dekoloniale Kritik. Theoretische Impulse aus Lateinamerika - WiSe 2023
Die Krisen der Gegenwart, wie u.a. die globale Umweltkatastrophe, fordern die etablierten Formen der Wissensproduktion heraus und verlangen nach einer Erweiterung unseres theoretischen und konzeptuellen Vokabulars. In diesem Zusammenhang erfahren Ideen und Konzepte aus dem globalen Süden eine neue Rezeption und werden als Ansätze für eine post-eurozentrische Denkweise wahrgenommen. Das Seminar befasst sich mit der dekolonialen Kritik lateinamerikanischer Autor:innen und diskutiert diese vor dem Hintergrund der Erschöpfung vieler epistemischer Annahmen der ‚Mainstream‘-Soziologie, deren Fokussierung auf die westliche moderne Gesellschaft zunehmend kritisiert wird. Auch wenn sie Affinitäten zu postkolonialen Theorien aufweisen, insbesondere in ihrer Kritik der epistemischen Gewalt, die mit den eurozentrischen Formen der Wissensproduktion als vermeintlich einzig gültig und universell verbunden ist, setzen lateinamerikanische dekoloniale Perspektiven ihre eigenen Schwerpunkte und Prioritäten. Sie gehen von der Annahme aus, dass Moderne und Kolonialität nicht voneinander zu trennen sind und dass Kolonialität (noch) konstitutiv für die Moderne ist. Anders als die Postcolonial Studies bilden sie kein klar abgegrenztes akademisches Feld, sondern es handelt sich um eine Reihe kritischer Positionen. Insofern sie eine Kritik an den Annahmen der gängigen Formen der Wissensproduktion implizieren, gehen sie auch über die Trennung von Theorie und Empirie hinaus und schließen die Vorstellung einer "verkörperten" Praxis ein. Neben Autor:innen der so genannten Gruppe Modernidad/Colonialidad der 1990er Jahre (Enrique Dussel, Arturo Escobar, Ramón Grosfoguel, Aníbal Quijano) werden auch weniger bekannte (Rodolfo Kusch) und neuere Stimmen im Seminar herangezogen, wie jene, die auf amerindianische Epistemologien verweisen (Viveiros de Castro, Ailton Krenak) oder sich auf die Dekolonisierung der Geschlechter (Rita Segato), der Subjektivität (Silvia R. Cusicanqui) und des "kolonialen Unbewussten" (Suely Rolnik) beziehen. Welche Beiträge, Irritationen und Widersprüche produzieren diese Perspektiven in Bezug auf die etablierte Gesellschaftstheorie?
Anmeldung per E-Mail bis zum 14.Oktober: schindel@europa-uni.de
- Opettaja: Schindel Estela